MADE IN GERMANY – Prof. Dr. Florian Hufnagl
Made in Germany – Hans Theo Baumann und Design in Deutschland bilden in den ersten Jahrzehnten der jungen Bundesrepublik eine untrennbar miteinander verbundene Einheit.
Wo deutsche Designgeschichte geschrieben wurde, war Baumann an führender Stelle präsent. Er war in herausragender Weise gestalterisch kreativ. Für mehr als 50 Unternehmen arbeitete er. Seine Entwürfe wurden in Produkte umgesetzt, die sich zum Teil jahrzehntelang am Markt bewährten, einige bis heute. Das dokumentiert jene Qualität, die Dauer ermöglicht, etwas, um das wir uns Heutigen sehr bemühen müssen, weil es uns zunehmend abhanden gekommen ist.
Dieses Qualitätsbewusstsein war damals eine Selbstverständlichkeit, für den Auftraggeber wie auch und vor allem für einen Entwerfer wie Theo Baumann. Marktschreierische Marketingtools mussten den Produkten noch nicht zum Erfolg verhelfen, sie wirkten aus sich selbst.
Wo liegen die Gründe für diese qualitätsbewusste Selbstverständlichkeit? Sie werden vielfältig sein. Es darf aber vermutet werden, dass ein Grund darin zu finden ist, dass Theo Baumann noch nicht als Designer im heutigen Verständnis ausgebildet wurde. Seine Ausbildung und sein gestalterischer Ansatz waren von Anfang an breit angelegt. Er gehört noch zu jener Generation, die nicht gleich zum Spezialisten getrimmt wurde. Diese geistige Weite und Tiefe ermöglichten Baumann jene Flexibilität, aus der heraus er gestaltend auf die jeweiligen Herausforderungen seiner Zeit eine kreative Antwort finden konnte. Mehr als sechzig Jahre erfolgreicher Tätigkeit bestätigen das.
Theo Baumann nahm sich die Freiheit, innerhalb einer vorgegebenen Aufgabenstellung eigenständig zu arbeiten. Das ließ sein Umfeld zu. Er war nicht gezwungen, auf detailliert ausgearbeitete Vorgaben mechanisch zu reagieren. Er war der Entwerfer, der Kreative. Er erfasste die Aufgabenstellung, analysierte sie, löste die mit der Aufgabe einhergehenden Probleme – und erarbeitete auf diese Weise eigenständige Vorschläge, die zu herausragenden Produkten führten, die sich von denen der Mitbewerber am Markt abhoben.
Das aber ist noch nicht das ganze Geheimnis seines Erfolges. Er war nicht nur der kreative Entwerfer, er war zugleich auch der kenntnisreiche Handwerker im besten Sinne des Wortes, der den Prozess der Umsetzung des Entwurfes ins Produkt begleitete. Umfangreiche Kenntnisse der Produktionstechniken und der Herstellungsprozesse ergänzten die gestalterische Arbeit von der Praxisseite her. So entstanden viele Entwürfe und Produkte von Theo Baumann in engster Zusammenarbeit mit den Spezialisten der Herstellung, mit denen er in den einzelnen Unternehmen um die beste Lösung rang. Andere Produkte wurden in den eigenen Werkstätten, die dem Atelier Baumanns angegliedert waren, zur Serienreife geführt.
Durch dieses Vorgehen – kreatives Entwerfen im unlösbaren Verbund mit der praktischen Umsetzung des Entwurfs ins Produkt – verschmolzen Theorie und Praxis zu einem ganzheitlichen Ansatz, der zu vielfältigen Ergebnissen führte.
Bereits 1950 entstanden in der Glashütte Lambertz in Waldsassen von Theo Baumann Glasarbeiten, die wir heute als Studioglas bezeichnen würden.
Da gibt es die Arbeiten im architektonischen Kontext. 1951 bis 1953 entwickelte Baumann für die Pforzheimer Matthäuskirche den farbigen, mosaikartigen Glasbaustein. Durch den Stararchitekten Egon Eiermann sollte dieser Glasbaustein ein repräsentatives Element am Bau für die junge Bundesrepublik Deutschland werden.
Und schon fünf Jahre nach der Gründung von Baumanns eigenem Designbüro erreichte er einen anderen großen Erfolg. 1953 bis 1954 schuf er für die Vitra in Weil am Rhein einen Stuhl aus Plexiglas. 1955 wurde diese Kreation vom Museum of Modern Art in New York in deren Fotodokumentation zum Design aufgenommen.
1954 – Philip Rosenthal verantwortete seit zwei Jahren den Bereich Produktgestaltung im väterlichen Unternehmen – entwarf Theo Baumann für ihn sein erstes Porzellangeschirr. Es sollten zahlreiche weitere folgen.
1954 und 1957 fand man Arbeiten von Baumann auf der Triennale in Mailand.
1958 erhielt er auf der Weltausstellung in Brüssel zwei Goldmedaillen
Neben Glas, Keramik, Porzellan und Möbeln entstanden seit der 50er Jahren auch Metallarbeiten. Baumann entwarf Beleuchtungskörper für Stölzle Wien und Kunststoffprodukte für ein Unternehmen in Ehingen, Baden-Württemberg.
Darüber hinaus gibt es Textilentwürfe, graphische Arbeiten, Gemälde und Skulpturen.
Es blieb aber nicht nur beim Entwurf und der Herstellung. Theo Baumann inszenierte seine Arbeiten auch selbst. Das gilt nicht nur für die Produkte, die er für Firmen schuf, sondern auch für das graphische Erscheinungsbild seiner zahlreichen Publikationen und Kataloge.
Daran hat sich bis ins hohe Alter nichts geändert.
Parallel zu diesen Tätigkeiten engagierte sich Baumann für das Erscheinungsbild der in der Bundesrepublik noch jungen Disziplin Design. Er war Gründungsmitglied des Verbandes Deutscher Industrie-Designer und dessen 1. Präsident ( 1959 ). Zusammen mit Dittert, Hirche, Kupetz, Raake, Schütze, Slany und Votteler war er maßgeblich an der Entwicklung des Berufsbildes eines Designers beteiligt. Dazu gehörte auch der Entwurf und die Umsetzung entsprechender Ausbildungskonzepte. Zusammen mit dem Wirken der Hochschule für Gestaltung Ulm ermöglichten diese Aktivitäten eine Grundlegung des Designs in Deutschland: Praxisnah und zugleich mit einem Blick auf das große Ganze, was zur Voraussetzung wurde für die heute so selbstverständlich gewordene Internationalität des deutschen Designs.
Diese Internationalität spiegelt sich schon früh in Baumanns Arbeiten. 1970 ging er nach Asien, nach Ahmedabad in Indien, wo er an das National Institute of Design berufen wurde.
Dort baute er einen Lehrstuhl für Keramik auf. Und 1970 war er zum ersten Male in Arita, Japan. Auch dorthin wurde er eingeladen. 1981 kehrte er nach Arita für einen dreimonatigen Aufenthalt zurück, um bei Kukagawa zusammen mit den Japanern Porzellanarbeiten zu kreieren.
1981 nahm Theo Baumann seine Lehrtätigkeit an der Hochschule der Künste Berlin auf, die ihn 1985 zum Professor ernannte.
Zahlreiche Ausstellungen, eine beeindruckende Reihe von nationalen und internationalen Auszeichnungen und eine umfangreiche Bibliographie ergänzen Baumanns Entwerfertätigkeit. Mehr als ein halbes Jahrhundert haben die Arbeiten von Theo Baumann das Design in Deutschland geprägt. Viele kennen seine Produkte, wenige nur den Namen des Gestalters. Nicht zuletzt deshalb erweist sich Theo Baumann als einer der ganz Großen, denn einem Designer geht es um sein Werk, er tritt hinter seinen Produkten zurück.
Prof. Dr. Florian Hufnagl, Die Neue Sammlung – The International Design Museum Munich
DER DESIGNER IST UNSICHTBAR – Peter Schmitt M.A.
Selbstverständlich kennt man ihn an seinem Wohnort in Schopfheim: H. Th. Baumann. Gelegentlich liest man über ihn in der regionalen wie überregionalen Tagespresse. Aber wer weiß schon, dass er Produkte von Baumann benutzt, wenn er aus einer Rosenthal- oder Arzberg-Tasse trinkt, wenn er ein Süßmuth- oder Gral-Glas zur Hand nimmt, wenn er die Unterwäsche wechselt oder ins frisch gemachte Bett steigt? Der Designer Baumann bleibt unsichtbar. Das ist auch völlig in Ordnung. Wenn es einen Bereich schöpferischer Tätigkeit gibt, wo der Schöpfer ganz hinter seinem Werk zurücktritt, dann gilt das für das Design. Anonymität ist hier geradezu ein Qualitätsmerkmal – wie ein Volkslied in aller Munde, so ist ein gut gestaltetes Glas in aller Hände, und niemand fragt, wer es gemacht hat. H. Th. Baumann hat zwei verschieden Bordgeschirre für die Lufthansa entworfen, ( 1963-1964 Rosenthal und 1971-76 Schönwald) mit dessen Hilfe das ganze Menü auf einem ca. 40 X 25 cm großen Tablett serviert werden kann. Es ist 2010, also Jahre über 50 Jahre später, immer noch im Gebrauch. Er hat mit der Form „ABC“ für Thomas ein Stapelgeschirr entwickelt, wie man es sich perfekter nicht vorstellen kann, was Raumausnutzung und Kombinierbarkeit der Teile angeht. Darüber hinaus hat er auch elegante, dekorierte Services geschaffen und festliche Kelche, in denen der Wein funkelt und sein Bouquet entfalten kann.
Als Rosenthal 1963 Baumanns Service „Berlin“ vorstellte, hat ihn Manfred Sack in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ zum „formstrengen Asketen“ gemacht. „Formstreng“ wird man vielleicht noch gelten lassen, auch wenn genauer bestimmt werden müsste, was darunter verstanden werden soll. Der „Asket“ will mir dagegen trotz der Herkunft Baumanns aus dem reformierten Basel nicht ganz einleuchten. Da scheint es mir bei aller formalen Strenge auch ein gerüttelt Maß an Sinnenfreude zu geben, Erbteil, kann sein, jener Landschaft am Oberrhein, die nicht allein durch ihre Kunst, sondern auch durch ihre Küche und ihren Wein berühmt ist.
Wie kein anderer Designer der Gegenwart hat H. Th. Baumann sich mit farbigen und plastischen Dekoren beschäftigt und dem aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts überkommenen Dogma von der „Form ohne Ornament“ den Abschied gegeben.
Das heißt nun nicht, dass die Stringenz der Form an Bedeutung verloren hätte, ganz im Gegenteil: Baumanns Formen sind – wenn man das Strenge nennen will – von einer prallen plastischen Präsenz. Doch hat er schon früh die Berührungsangst gegenüber dem Ornament verloren. Wo es ihm angemessen erschien, griff er wie selbstverständlich zum Schmuck. Dabei hat er etwa im Blick auf das Porzellan gezeigt, dass es außer Rokokoblümchen und Folklore ein unermesslich reiches Feld zeitgemäßer Dekore gibt. Erst diese bringen die spezifischen Reize des Materials voll zur Geltung.
Diese gestalterische Offenheit mag damit zusammenhängen, dass Baumann seine Laufbahn als Maler, als Glasmaler begonnen hat. Ihm schwebte zunächst eine künstlerische Karriere im engeren Sinne vor, möglicherweise gerade noch im Bereich der „angewandten“ Kunst. Das setzte Kräfte frei, die es erlaubten, überkommene Grenzen zu sprengen und wirklich Neues zu schaffen. Ein schönes Beispiele dafür sind die Dickglasfenster für die Eiermann-Kirche in Pforzheim. Oder das Glasbild für den deutschen Pavillon der Weltausstellung in Brüssel; statt mit Bleiruten, wie üblich, fasste er das Glas kühn mit Bandstahl ein.
Dass Baumann ursprünglich nicht Designer werden wollte, hatte einen ganz banalen Grund: 1946 gab es diesen Beruf noch gar nicht. Das hat sich gründlich geändert. Und es ist nicht zuletzt Baumanns Verdienst, dass sich dann in den 60er Jahren in der noch jungen Bundesrepublik ein eigenständiges Berufsbild des Designers, auch des Industriedesigners herausbildete. 1959 gründete er zusammen mit anderen noch nicht etablierten Kollegen den Verband Deutscher Industrie-Designer ( VDID ), deren erster Präsident er wurde und dem er von 1964 bis 1968 als Geschäftsführer diente.
H. Th. Baumann hat sich um ein praxisnahes Berufsbild des Designers bemüht. Dabei hat er den Konflikt mit der damals angesehenen Ulmer Hochschule für Gestaltung nicht gescheut; sie war ihm zu theorielastig. Praxisnähe hiess aber nicht, dass die neuen Designer zu Hörigen ihrer Auftraggeber aus der Industrie ausgebildet werden sollten. Baumann ging und geht es um das Eigenrecht der Sache: Design habe der Funktion, der Form und einer immer wieder neu zu bestimmenden Ästhetik zu dienen.
Das machte und macht Baumann bis zu einem gewissen Grade zu einem Solitär. Bei allem Engagement für den neuen Berufsstand Designer und für den diesen Berufsstand repräsentierenden Verband – Baumann passt nicht so recht in die Schublade dieses neuen Berufsstandes. Er liess sich nicht auf die seit den 60er Jahren immer stärker begangenen neuen Pfade des Industriedesigns locken. Gegenüber der methodischen Ausrichtung an den Naturwissenschaften blieb er skeptisch; die Orientierung an den Sozialwissenschaften, insbesondere jener der damaligen Zeit, überzeugte ihn nie so recht. Baumann hat, bei aller partiellen Hereinnahme solcher Denkrichtungen, nie den Bezug zur Kunst aufgegeben. „Schönheit“ hat für H. Th. Baumann einen immer wieder neu zu erringenden Stellenwert.
Und „Schönheit“ darf wahrlich nicht mit „Kosmetik“ verwechselt werden. „Warenästhetik“ ist das letzte, was Baumann mit Design gleichsetzen würde.
Schönheit meint bei Baumann auch nicht, dass es die eine verbindliche Schönheit gäbe, der die Funktion zu dienen habe. Den Löffel schlechthin, das Trinkglas schlechthin entwickeln zu wollen, war einmal die Vorstellung so mancher Design-Puristen. Davon
hat man sich in der Postmoderne verabschiedet. Zu vielfältig sind die Bedürfnisse, die Wünsche, die Lebensentwürfe der einzelnen. Auf diese Pluralität hat Industriedesign zu antworten, ohne das künstlerische Moment im Entwurf zu verabschieden. Davon ist Baumann überzeugt. Und so ist er, möglicherweise einmal mehr, seiner Zeit voraus gewesen. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG konnte man am 10. Januar 2010 lesen: „Die Mauer ist eingerissen. Die Grenzen zwischen Kunst und Design existiert nicht mehr“. Und weiter: „Es gibt keine offensichtlichen Seinsweisen der Objekte mehr, sondern nur noch verschwimmende Identitäten und interessegeleitete Behauptungen“.
Beim großen Aphoristiker Georg Christof Lichtenberg finde ich diesen Satz: „Ich mag immer den Mann lieber, der so schreibt, dass es Mode werden könnte, als den, der so schreibt, wie es Mode ist.“ Auf dem Gebiet des Designs wäre H. Th. Baumann Lichtenbergs Mann.
Peter Schmitt M.A., ehemaliger stellvertretender Direktor des Badischen Landesmuseums Karlsruhe
EIN VERTRETER DES DEUTSCHEN NACHKRIEGSDESIGNS – Dr. Petra Hölscher
Ein Nachruf von Dr. Petra Hölscher, Die Neue Sammlung, The Design Museum, München
Hans-Theo Baumann ist tot – einer der maßgeblichen Begründer des deutschen Nachkriegsdesigns verstarb einundneunzigjährig am Samstag, den 6. August 2016.
Der gebürtige Schweizer (1924 geboren in Basel), wie sein Vater ausgebildeter Glasmaler, überzeugte nach dem Krieg mit einer schlichten, hölzernen, in Berrnau / Schwarzwald gedrechselten Deckeldose den jungen Philipp Rosenthal von seinem Entwurfstalent.
Es entwickelte sich eine langjährige Zusammenarbeit mit der Porzellanfabrik Rosenthal in Selb. Viele seiner Entwürfe fanden ihre Umsetzung in jener Firma, die heute wie keine andere für sich in Anspruch nehmen kann, für den Aufbruch zu demokratischen Lebensformen im Nachkriegsdeutschland zu stehen. Baumann gehörte zu den „sieben jungen Rebellen mit den roten Krawatten“, die unter dem Schutzmantel Mia Seeghers, der Grande Dame des Design Centrums Stuttgart, aufbegehrten gegen die Granden der deutschen Vorkriegsentwerfer. Mit Dittert, Kupetz, Raacke, Schütze, Slany, Votteler und dem älteren Bauhäusler Herbert Hirche prägte und definierte Hans-Theo Baumann den Begriff des Deutschen Industriedesigners. 1959 folgte unter seiner Präsidentschaft die Gründung des VDID, des bis heute tätigen Verbandes der Deutschen Industriedesigner.
Baumanns reiches Portfolio umfasst Entwürfe für über 50 Firmen im In- und Ausland und stellt ein wahres Who-is-Who der Nachkriegsfirmen – und damit der Designgeschichte dar. Er arbeitete in Porzellan, Glas und Keramik, in Metall, Textil und Kunststoff, im Leuchten- und Möbelbereich und in der Grafik. Nur wenige Dinge des Alltags fanden nicht das Interesse des begeisterten Porschefahrers. Seine bei dem Flachglashersteller Lamberts in Waldsassen entstandenen Glasgefäße (1952) meisterten spielerisch den Spagat zwischen Kunst und Funktion, sein Entwurf eines Plexiglasschalenstuhls für die Vitra (1952/53) gilt noch heute als einer der ersten in Deutschland, seine Bordgeschirre für die Lufthansa (1963/64, 1971, 1986/87) schufen Maßstäbe im Bereich des Systemgeschirrs, seine Glasfenster für die Matthäuskirche in Pforzheim (1953) des Architekten Egon Eiermann lieferten die Grundlage für die Glasfenster seiner Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche in Berlin, und der eigene, in Frankreich ausgebaute Wein schuf die Grundlage für manch einen Designdiskurs. Und selbstverständlich war das Etikett der Flasche ein echter Baumann. Früh waren seine Arbeiten auf Ausstellungen vertreten wie 1954 und 1957 auf der Triennale in Mailand und erhielten hohe Auszeichnungen – u.a. 1958 auf der Brüsseler Weltausstellung zwei Goldmedaillen. Das Interesse des Auslands an diesem vielseitig begabten jungen deutschen Designer blieb dementsprechend nicht aus. 1970 baute er den Lehrstuhl für Keramik am National Institute of Design in Ahmedabad/Indien auf, 1981 nahm er die Einladung in die Porzellanmanufaktur Fukagawa in Arita/Japan wahr, in jene Manufaktur, die für das Porzellan des Kaiserhauses verantwortlich zeichnete. Das alles schloss die Auseinandersetzung mit der Kunst nicht aus – ganz im Gegenteil, sie gehörte zu seinem gelebten Selbstverständnis als Mensch, Designer und Künstler. Aus diesem erwuchs – fast möchte man sagen natürlich – auch die Gründung des Kunstvereins an seinem Wohnort im badischen Schopfheim. 2004 fand eine Sammlung seiner Objekte als Donation von Hans-Theo Baumann und seiner Familie den Weg in Die Neue Sammlung. In der 2011 in München gezeigten Ausstellung „Gralglas. 1930 – 1981. Ein Beispiel des Deutschen Designs“ setzten Zeugnisse seiner Arbeit – Entwürfe, Werkzeichnungen und Prototypen – wichtige Akzente. 2014 der ausführliche Blick der Neuen Sammlung auf sein keramisches Schaffen in der Ausstellung „Hans-Theo Baumann. Von der Serie zum Unikat“ im Internationalen Keramikmuseum in Weiden. Es ist erst vier Wochen her, dass Hans-Theo Baumann mit Hilfe seiner Familie die Übernahme seines Archivs an Die Neue Sammlung vorbereitete.
Wir alle werden ihn vermissen, diesen ganz Großen des deutschen Nachkriegsdesigns, der mit seinen Entwürfen und seinen Ideen mit dazu beitrug, das deutsche Design zu demokratischen Aussagen zu führen und international wieder bemerkbar zu machen. Unnachahmlich dabei sein spitzbübischer Charme, seine wachen Analysen gepaart mit jenem Quentchen alemannischer Sturheit und einem schelmischen Augenzwinkern, dass das Unmögliche bis zum Schluss für ihn immer denkbar blieb.